Nur wenige Städte gestatten einen so lebendigen Einblick in die Lebensweise der Antike wie Ephesus. Theater, luxuriöse Badeanlagen und eine Bibliothek zeugen vom Wohlstand, den die Siedlung 1000 Jahre lang genoß.

lonier von der Insel Samos ließen sich um 1000 v.Chr. in Ephesus nieder. Der Ort wurde in Verbindung gebracht mit der anatolischen Fruchtbarkeitsgöttin Kybele, die später der griechischen Göttin Artemis entsprach. Ihr zu Ehren errichtete man den Artemistempel, ein weiteres der sieben Weltwunder in dieser Region.

Die Stadt stand nacheinander unter der Herrschaft der Lyder, der Perser und der Attaliden, den Königen von Pergamon. bis ins Jahr 133 v.Chr., als Attalus 111. sein Reich, und mit ihm Ephesus, den Römern vermachte. Ephesus wurde mit 200 000 Einwohnern eine der wichtigsten Städte der neuen Provinz Asien und konnte dank reger Handelstätigkeit seinen Wohlstand noch vergrößern. Doch seine Entwicklung war direkt vom natürlichen Hafen abhängig, und als dieser im 3.Jh. n.Chr allmählich versandete, war der Niedergang von Ephesus unabwendbar. Wiederentdeckt wurde die Stadt dann von einem britischen Archäologen. Die meisten Ruinen, die heute zu sehen sind, stammen aus der römischen Periode zwischen dem 1. Jh. v.Chr. und dem 2. Jh. n.Chr.. Und an dieser Stelle gehört ein dickes Lob an die österreichischen Archäologen, die heute hier tätig sind.

Der Rundgang beginnt gewöhnlich am Magnesischen

Tor und führt anschließend auf der Hauptstraße den Hang hinunter. Das erste Gebäude innerhalb der Mauern ist das relativ gut erhaltene Odejon (Ratskammer) mit den halb-kreisförmig angeordneten Sitzen und das Prytaneion (Rathaus). wo man die beiden Artemisstatuen gefunden hat. Jetzt im Selcuk-Museum ausgestellt sind.

Auf der marmornen Kuretenstraße geht es durch das Herkulestor zum Hadrianstempel, dessen Bogeneingang vom Kopf der Glücksgöttin Tyche gekrönt wird. Der große Komplex rechts davon beherbergte die Seholastika-Thermen und ein

Freudenhaus.

Die beeindruckendste Fassade ist die der Celsus-Bibliothek, die 110 n.Chr. von einem römischen Konsul als Gedenk- und Grabstätte für seinen Vater errichtet wurde (1970 restauriert). Zwischen den Säulen stehen Statuen der vier Tugenden: Sophia (Weisheit), Arete (Tapferkeit), Ennoia (Rücksicht) und Episteme (Kenntnis).

Die Marmorstraße führt rechts an der Bibliothek vorbei zum Großen Theater, wo wahrscheinlich der in der Bibel beschriebene Aufstand der Silberschmiede stattfand. Die riesigen Zuschauerränge boten 25 000 Zuschauern Platz, und auch heute strömt das Publikum jährlich zum Internationalen Festival von Ephesus hierher. Von den obersten Rängen hat man außerdem einen herrlichen Blick auf den Arkadenweg, die säulenbestandene ehemalige Hauptstraße, die nachts mit Ollampen beleuchtet wurde. An ihrem Ende ist von dem alten, mittlerweile längst versandeten Hafen allerdings nur noch eine mit Gestrüpp verwachsene Bodensenke übriggeblieben. Das Städtchen Selcuk, ein paar Kilometer von Ephesus entfernt, besitzt ein interessantes Museum und mehrere Sehenswürdigkeiten. Die Johannes-Basilika aus dem 6. Jh.

steht auf dem Grab des Apostels. Das Kastell hoch oben stammt aus byzantinischer Zeit. Unterhalb des Hügels liegt die beeindruckende Isa Bey-Moschee (1375); vom einst großartigen Artemistempel gleich dahinter hat nur eine einzelne Säule den Zahn der Zeit überstanden.

Johannes soll Maria um 37-48 n.Chr. nach Ephesus gebracht haben; im Meryemana (Haus der Jungfrau Maria) auf den Hügeln außerhalb der Stadt verbrachte die Gottesmutter ihre letzten Jahre. Die Fundamente stammen wahrscheinlich aus dem 1 .Jh. und wurden im 19. Jh. dank der Visionen Anna Katharina Emmerichs, einer deutschen Nonne, wiederentdeckt. Heute steht auf dem Wallfahrtsort eine Kapelle.